Tod in Oberrad

Die Straßenbahn hat Verspätung. 8:01 war geplant. Die RMV-Internetseite verrät nichts. Zwanzig Minuten vergehen. Nur ein Ersatztaxi auf der anderen Seite. Dann wieder nichts. Irgendjemand läuft vorbei und redet von einem Polizeieinsatz. Ich überlege schon, doch das Auto zu nehmen. Aber Parken in Sossenheim um die Zeit…?
Endlich biegt die 15 um die Ecke. Schon gut voll aber ich bekomme noch einen Sitzplatz neben einer Frau im roten Rock, die ihre Taschen beiseite räumt und in ihr Butterbrot beißt.

Auf Höhe der Hortus-Apotheke schaue ich aus dem Fenster und sehe einen Notarztwagen, direkt daneben einen Krankenwagen hinter Absperrband, einen Polizisten, der in sein Funkgerät spricht. Und dann auf dem Boden ein weißes Tuch. Eine menschliche Gestalt.

Diese kurze Stille des Fragens. bis sich leichtes Entsetzen Bahn bricht. Ein Toter der immer noch auf der Straße liegt und nicht im Krankenwagen? War das ein Herzinfarkt oder etwas anderes? „Da war doch kürzlich in der Georg-von Treser-Strasse diese Messerstecherei“ schießt es mir durch den Kopf. Egal wie hier jemand vom Leben zum Tod gekommen ist, ich spreche ein kurzes Stoßgebet, irgendwo muss ich hin mit meiner Ratlosigkeit.

Meine innere Stille wird unterbrochen von der Schülerin schräg gegenüber „Aber deswegen muss die Straßenbahn doch nicht so lange warten.“ Kind!

Wir sind schon an der Seehofstrasse als die Frau im roten Rock neben mir anfängt sich hin und her zu wiegen und mit sich selbst zu reden. „Ich habe nichts gesehen. Ich habe nichts gesehen!“


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Kommentare

3 Antworten zu „Tod in Oberrad“

  1. Avatar von petra
    petra

    Als ich heute Morgen gegen 8:10 zur Haltestelle Flaschenburgstraße kam, sah ich dort schon eine Traube Menschen, die auf die Straßenbahn warteten. Deshalb entschloss ich mich Richtung Mühlberg zu laufen. Das Wetter ist schön, ich bin sehr zeitig und wenn jetzt eine Straßenbahn kommt, ist sie sowieso überfüllt.

    Am Buchrainplatz steht die nächste Menschenmenge, eine Bahn habe ich weder in die eine noch in die andere Richtung fahren sehen, deshalb laufe ich weiter. Die Sonne scheint, für April ist es angenehm mild.

    Dann sehe ich Blaulicht, einen Krankenwagen und einen Notartzwagen. Der Bürgersteig ist ein Stück vor der Hortus-Apotheke abgesperrt, deshalb laufe ich an der Straße entlang. Als ich am Notarztwagen vorbei bin, sehe ich auch ein Polizeiauto. Ich kann der Versuchung nicht wiederstehen, nach rechts zu sehen. Unter einem weißen Tuch kann ich die Konturen eines Körpers sehen…

    Eigentlich habe ich immer geglaubt, dass Oberrad ein sehr friedlicher Teil Frankfurts ist…

    1. Avatar von Gabi Huckelmann
      Gabi Huckelmann

      Hallo Petra,
      ich habe gerade ‚mal bei der FR, der FNP und der FAZ gesucht und es wird nichts berichtet. Das spricht gegen ein Verbrechen. Immerhin.
      Grüße, Gabi

  2. Avatar von Gabi Huckelmann
    Gabi Huckelmann

    In den Medien stand nichts. Ich habe heute mal im Ort nachgefragt. Es war ein Herzanfall.

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