Mäusejagd am Maunzenweiher

Über die kleine Brücke an der Sachsenhäuser Landwehr geht es in den Stadtwald, unter das frühlingshellgrüne Blätterdach. Es ist noch recht früh am Morgen, die Wege sind leer und ich atme tief die Waldluft ein. Die Schatten spielen auf den Bäumen.

Ein Schwarm Stockstabler läuft schnellen Schrittes vorbei. Die Stöcke klicken gegen die Steine auf dem Weg und sind weit länger zu hören, als das Geschnatter der Stimmen. Gelegentlich mutiere ich ja auch dazu – zur Nordic Walkerin 😉 Aber heute bin ich alleine unterwegs, auf leisen Schuhen, mit meiner Kamera.
Es wird still und die Stille duftet nach Knoblauch. Zwischen den Bäumen beginne ich andere Geräusche zu hören. Es raschelt.
Da hinten wirft ein Amselmännchen mit Laub um sich. Sucht es Würmer? Oder passendes Polstermaterial fürs Nest. Auf jeden Fall nichts für die Kamera, da Zweige und Äste dazwischen liegen. Ich gehe weiter.
Da raschelt es wieder. Hmm, eine Amsel sehe ich nicht. Ich schaue genauer hin. Da huscht ein kleiner Schatten quer über das Laub. Was ist das? Hinter mir auf der anderen Seite des Weges raschelt es wieder und ich drehe mich um. Wieder sehe ich etwas huschen und dann verweilen. Ungefähr zwei Meter vor mir hockt eine kleine Maus, vielleicht 10 cm lang plus Schwanz, und schaut mich kurz an, bevor sie weiterläuft.
Nachdem ich nun weiß, auf was ich horchen muss, um etwas zu sehen, sehe ich immer mehr Mäuse. Alle paar Meter raschelt es und huscht es und das alles ganz nahe am Wegesrand. Dort wo die Tierchen abtauchen tauchen sie kurz darauf auch wieder auf, sitzen ganz ruhig und ignorieren mich einfach.
Wenn das so weiter geht, dann brauche ich für die knapp 4 km bis zum Maunzenweiher noch einen ganzen Tag. Bis es dunkel wird, denn dann kann ich die Mäuse ja nicht mehr sehen.
Jetzt bin ich auf der Jagd und versuche scharf zu schießen (mit der Kamera natürlich, was denkt ihr denn). Eine Maus hat echt die Ruhe weg. Erst wandere ich in einiger Entfernung um sie herum und dann wartet sie sogar noch so lange, bis ich meine Speicherkarte gewechselt und noch drei Fotos geschossen habe.
Hier gibt’s meine Beute.

Und wenn es richtig laut raschelt, dann ist es vielleicht ein Eichhörnchen, so wie dieses.

Schließlich taucht dann doch der Maunzenweiher vor mir auf. Er heißt so, weil es hier einmal Wildkatzen gab. Warum es hier Wildkatzen gab? Nach meinem Mäuseerlebnis eigentlich keine Frage mehr.
Es gibt übrigens auch Elfen hier, wusstest Ihr das nicht?!
Aber heute ist nicht viel los auf dem Wasser, keine Katzen, keine Elfen, nur eine Mandarinente paddelt vor sich hin, zieht ihre Federn ein und fliegt los. Auf dem Ast eines gekippten Baumes sonnen sich vier Rotwangen-Schmuckschildkröten. Die gehören eigentlich – genauso wie die ostasiatische Mandarinente – nicht hierher, sie kommen ursprünglich aus Nordamerika. Irgend ein Dummkopf hat sie ‚mal hier im Stadtwald ausgesetzt. Normalerweise ist es hier in Deutschland im Winter viel zu kalt für sie, aber im Maunzenweiher und auch im Kesselbruchweiher haben sie es schon über Jahre geschafft zu überleben.

Letztes Jahr, ungefähr um diese Zeit war ich auch im Stadtwald. Da laichten gerade die Kröten. Die sind jetzt schon wieder weg. Dafür schwimmen Kaulquappen am Seeufer. Viele hunderte. Demnächst – laut Wikipedia 10-12 Wochen nach dem Laichen – muss es hier also vor lauter kleinen Fröschen und Kröten nur so wimmeln. Ich hoffe nur, dass bis dahin die Eichenprozessionsspinnerraupen noch nicht da oder schon wieder weg sind. Wenn die da sind, gehe ich nämlich nicht in den Wald. Mir reichen die allergischen Reaktionen, von der mir eine Freundin berichtet hat.

Da, wieder eine Maus.

Aber da ich – wie die Katze auf dem Schild am Maunzenweiher – jetzt auch mal nach oben schaue, entdecke ich auch ein paar gefiederte Freunde:
Laut hörbar sind die Spechte, die die Bäume nach passenden Nistgelegenheiten abklopfen. Ein Buntspecht hämmert gar nicht so weit von mir auf die Baumrinde ein. Das ich da oben in den Wipfeln auch einen Schwarzspecht entdeckt habe, stelle ich erst daheim in Wikipedia fest, erst hatte ich gedacht, es würde an der Beleuchtung liegen, dass der Schopf so rot leuchtet.
Meisen sind wesentlich leiser, aber aus den Augenwinkeln sehe ich eine kleine Kohlmeise auf einem Zweig nahe bei landen.
Und auch die Amseln sind immer noch im Laub unterwegs. Diesmal nur zwei Meter von mir entfernt lässt sich ein Weibchen bei der Suche im Laub nicht stören, während das Männchen oben zwischen dem Blattgrün auf einem Zweig hockt.

Durch die Bäume hindurch fängt es langsam an nach Gegrilltem zu duften. Im Scheerwald sind die ersten Familien angekommen und haben ihr Picknick ausgepackt. Der Kinderlärm schallt laut von den Wasserspielen herüber. Es wird Sommer im Stadtwald Frankfurt. Ich hole mir an der Goetheruh ein Eis und kehre langsam nach Hause zurück.
Neben mir läuft ein Jogger, vertieft in seine Ohrhörer hört er nur seine eigene Musik. Er weiß gar nicht was er verpasst hat. Seit heute aber weiß ich: man sieht mehr, wenn man die Ohren auf hat.

Nachtrag:
Bei der Recherche daheim kam ich zur Vermutung, das die Mäuschen wohl Rötelmäuse sein müssten, da diese im Frühjahr gelegentlich auch tagsüber unterwegs sind. Rötelmäuse übertragen das Hanta-Virus, auch wenn dies in Hessen bisher nur sehr selten vorkommt. Ich beschloss, erst einmal im Stadtwaldhaus nachzufragen, ob die Fülle an Mäusen normal ist und wie es mit dem Virus hier in Frankfurt aussieht.
Auf eine Mail an das Stadtwaldhaus erfolgte prompt am nächsten Morgen Antwort (vielen Dank!), die ich hier zitiere.

Ihre Beobachtung deckt sich mit meinen Erfahrungen in diesem Frühjahr. Es sind sehr viele Mäuse unterwegs und zum Teil sind die Tiere auch relativ leicht zu beobachten.
Dies liegt vermutlich an der sehr guten Nahrungsversorgung der Nager durch riesige Mengen an Bucheckern, Eicheln etc. im letzten Herbst. Solche sogenannten Mastjahre bescheren nicht nur den Wildschweinen und anderen Wildarten einen guten Start in den Winter, sondern auch den Nagern in der Folge eine starke Vermehrungsrate. Allerdings habe ich vornehmlich Waldmäuse und andere (Kennzeichen lange Ohren und Schwänze, große Augen) „Echte Mäuse“ gesehen. Auch die Maus auf ihrem Foto hat für eine Wühlmaus etwas große Ohren.
Meldungen bzgl. eines Auftretens des Hantavirus im Raum Frankfurt sind nach Rückfrage bei unserem Amt für Gesundheit derzeit nicht bekannt.

Hier noch ein paar Links im Zusammenhang


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Kommentare

Eine Antwort zu „Mäusejagd am Maunzenweiher“

  1. […] zum Bild könnt ihr unter diesem Blogartikel oder auch in der GEO-Reisecommunity lesen. Da gibt es nämlich eine ganze Geschichte […]

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